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Er floh ins Pfarrhaus zurück, aber manchmal schlich er auch den Liebespaaren nach, lauerte ihnen auf mit den Listen eines Tieres auf der Wildbahn. Er dämpfte seine Schritte, liess sein langes Knochengerüst hinter einer Scheune verschwinden … Er schwärzte die Verliebten bei den Eltern an, geisselte auf der Kanzel die aussereheliche Liebe, nötigte die Brautleute, sich zu vermählen. Oh, denen eilte es nicht damit. Wozu auch? Bald genug würde die Zeit kommen, wo man die Kinder säubern musste, sich zankte …
In seinen Predigten malte er bis in alle Einzelheiten die Qualen der Verdammten aus und das Glück der Erwählten, als ob das Leben nicht selber dafür sorgte, bald ein Fegefeuer, bald eine Hölle und gelegentlich sogar ein Paradies zu sein. Ach, er begriff nicht, dass er diesen Gott, den er anbetete, zum zweiten Mal ans Kreuz schlug in der Seele seiner Gläubigen, indem er ihn zu einem grausamen, rächenden Gott machte.
*
Der Winter kam, die Natur verlor ihren Überschwang, und der Priester fühlte sich ruhiger. In dichten Schwaden fiel der Schnee auf das Dorf herab, als wollte er es begraben. Man konnte nichts mehr erkennen. Die kleinsten Dinge hatten unerwartete Ausmasse angenommen: ein Stein vor der Haustür, der Schornstein auf dem Dach, eine Wegschranke … Und die grossen Dinge, der Himmel, der Berg, der Wald, waren verschwunden.