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Der Priester sah ihm erstaunt zu. Der Bub ahnte nichts von seiner Gegenwart und liess seiner Bewunderung und Neugier freien Lauf. Er drückte die Nase an der Glaswand platt und betrachtete die Wachspuppen, eine nach der andern, mit grösser Sorgfalt. Keine Einzelheit, nicht eine Kleiderfalte entging seinem andächtigen Blick. Wie wunderbar das war! Nichts fehlte. Zuerst das blasse Jesuskind, in seine Windeln eingewickelt wie ein verletzter Finger in den Verband; seine Krippe glich nicht den Futterkrippen, die man in den Dorfställen brauchte, sie war zierlich und kompliziert gebaut und ruhte auf kleinen Säulen. Neben dem Kind die Heilige Jungfrau in einem steifen Gewand, über das der hundertjährige Staub einen geheimnisvollen Flaum gelegt hatte. Sie wahrte die Würde einer grossen Dame, auch wenn ihr der Glorienschein aus Silberpapier etwas ­heruntergerutscht war. Sankt Joseph und die Hirten fesselten ihn weniger, denn sie waren nicht so verschieden von den Leuten, denen er täglich begegnete. Seine Vorliebe galt den Heiligen Drei Königen in ihren prächtigen Mänteln, die sich gegen unten weiteten wie Glocken, und ihren Kronen aus Goldband, auf die zur Zierde Glasperlen aufgenäht waren. Der eine lag auf den Knien und hielt ein Kästchen in den Händen, der zweite musste sein Geschenk unterwegs verloren haben, und der dritte stand versonnen abseits und hatte ein merkwürdiges Tier bei sich. Das ist kein Maultier, kein Esel, kein Pferd …, sagte sich das Kind verwundert. Es war auch kein Kamel, was es eigentlich sein sollte. Auf den Boden waren winzige Kieselsteinchen aufgeklebt, wie man sie überall findet, aber hier besassen sie den Reiz von Edelsteinen.

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