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Ueli, Richard und Johanna waren mit mir die Kleinsten der drei Familien. Oft spielten wir auf der Fahrbahn, am liebsten beim Magazin, unmittelbar vor der Brücke. Wir legten rostige Nägel aufs Geleise, um zu schauen, wie sie platt gedrückt wurden. Wenn es vorne beim Bahnhof klingelte, wussten wir, dass bald ein Zug kam. Wir drückten das Ohr auf eine der beiden Schienen, vernahmen ein leises Klopfen, das sich langsam näherte, dann ein Brummen aus dem Erdinnern. Wir horchten mit wachsendem Kitzel, und wenn jenseits der Brücke plötzlich die Lokomotive sichtbar wurde, sprangen wir die Böschung hinab, pissten dabei fast in die Hosen. Ich sehe noch Johanna, wie sie mit nacktem Hintern im Gras kauert.

Brücken ... Ich staune über ihre Eleganz, vor allem über ihre Dauerhaftigkeit. Sie wurden anfangs des letzten Jahrhunderts gebaut, sind also hundert Jahre alt und halten noch immer. Es gibt eine in der Nähe von Cinuos-chel, direkt vor einem Tunnel, bei deren Bau zwölf Menschen ums Leben kamen – Fremdarbeiter, alles Italiener. Das Baugerüst, eine gewaltige Holzmasse, hatte sich plötzlich ein biss­chen seitwärts geneigt; elf Männer standen darauf, jemand hatte ei­nen Schrei ausgestossen. Ich stelle mir die schattige Schlucht vor, Felsen und Bäume, ganz oben vielleicht noch etwas Sonne, unten ein kleiner Bach. Man rät dem Bauführer, die Männer so schnell wie möglich in Sicherheit zu bringen, doch der Mann, ebenfalls Italiener, behauptet stur, es fehle nur der letzte Stützbalken in der Mitte. Da niemand mehr den Mut hat, aufs Gerüst zu steigen, beauftragt er damit seinen vierzehnjährigen Sohn. Der zögert, doch als ihn der Alte anbrüllt, nimmt er den Balken auf die Schulter und schreitet auf einem Brett vorsichtig hinüber. Vermutlich herrscht Totenstille, nur unten das Geräusch des Baches, bis es irgendwo knarrt; dann beginnt sich alles langsam zu neigen und donnert mit Lärm und Getöse in die Tiefe. Nachher wieder Stille ... Am Eingang des Tunnels steht im Felsen eine Marmorplatte mit den Namen der Verunglückten. Auch der Na­me des Bauführers ist dabei, obwohl der nicht hinunter­gestürzt war, sondern noch am selben Abend Selbstmord begangen hatte.

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