Читать книгу "Man treibt sie in die Wüste". Clara und Fritz Sigrist-Hilty als Augenzeugen des Völkermordes an den Armeniern 1915-1918 онлайн

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Claras durchgehender Gebrauch der schwer leserlichen Kurrentschrift in ihrem Tagebuch – auch im Augenzeugenbericht – erweist sich als die natürlichste Schutzmaßnahme gegen einen fremden Kontroll- oder Zensureingriff. Nur wenige können ihr Tagebuch lesen. Hier erlaubt sie sich ab und zu, wenn ihr die Geduld reißt, und das geschieht besonders im zweiten Jahr ihres Auf­enthalts in der Türkei, frei von der Seele zu reden: «Es sind wüste Tage, voller Bitterkeit über diese trostlose Türkei» (13. Mai 1916). Oder: «Das Elend erdrückt einen, und ein einziger Gedanke bleibt obenauf: Fort aus diesem scheußlichen Land!» (16. Juni 1916) Das tut sie alles auf eigenes Risiko. Wenn es aber um die Meinungen oder Mitteilungen anderer Menschen geht, lässt Clara Vorsicht walten. Sehr selten nennt sie die Quellen ihrer Informationen bei Namen, besonders wenn es sich um Gräueltaten gegen die Armenier handelt. Sie zieht unpersönliche Formen vor: «Man erzählt von lebendig Begrabenen» (28. September 1915). Oder: «Man hört von mißhandelten Frauen.» Oder: «Man spricht von drei- bis vierhundert Toten täglich im Lager von Islahiye,53 und auf der Straße trifft man Leichen» (3. Dezember 1915).

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