Читать книгу Meine weisse Stadt und ich. Das Bernbuch онлайн

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«Aber warum ausgerechnet in der Schweiz? Und obendrein in Bern?», fragte er, in der Hoffnung, dass ich ihm ho­nig­süße Beteuerungen über den demokratischen Geist der Schweizer um den Bart schmierte.

«Das war Zufall. Ich hätte wie ein typischer Amerikaner mit meinen dreitausend Dollar einunddreißig Länder in zwei Wochen besuchen und erschöpft nach Hause zurückkehren können, mit einem Haufen Souvenirs, die ich genauso gut im Untergeschoss von Macy’s hätte kaufen können, ohne auch nur das Geringste über Europa zu wissen, ohne mir irgendwas angeschaut zu haben, nichts, was ich mir nicht auch hätte aneignen können, wenn ich mir ein Reisemagazin gekauft und es an einem langweiligen Sonntagnachmittag in meinem Wohnzimmer durchgeblättert hätte. Ja, das hätte ich machen können, aber ich bin zum Schreiben nach Europa gekommen, und um schreiben zu können, braucht man Ruhe. Außerdem habe ich mir gesagt, dass man mehr über Europa erfahren kann, wenn man in einer Stadt bleibt, sie wirklich kennenlernt und mit ihren Bewohnern zusammenlebt. Dann würde ich zumindest über einen Teil der Europäer eine Menge erfahren, und das würde mir helfen, mithilfe von Vergleichen einige ihrer allgemeineren Eigenschaften zu verstehen. Ob Schweizer, Holländer, Deutsche, Italiener oder Spanier, es gibt eine typisch europäische Sichtweise, die sich auf bestimmte Bräuche und Vorstellungen gründet, die ihnen allen gemein sind, nicht wahr?» Er stimmte mir zu und war sichtlich froh, dass die Unterhaltung einen banaleren und dennoch objektiveren Ton angenommen hatte. «Und wo sonst würde man bleiben wollen, wenn man Europas Herzschlag hören wollte, wenn nicht in Bern?»

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