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Während Margritli so tröstend noch manches Wort sagte, langte sie nach meinem Katechismus, öffnete das silberne Schlößchen und sah, daß vornen auf dem weißen Blatte etwas mit roter und blauer Tinte geschrieben stand. «Ist mir, ich sollte diese Schrift kennen; was steht denn da?» fragte sie und hielt mir das Buch hin. Ich las:

Der christenliche Unterricht,

Der lehret uns die heilʼge Pflicht,

Daß man verehre Gott, den Herrn,

Und tue seinen Willen gern.

Dieses Buch habe ich meiner herzgeliebten Margaretha zu einem

Neujahrsgeschenk verehret.

Datum den 20. Christmonat 1798

Hans Grünauer.

Ein Strahl wehmütiger Freude zuckte durch Margritlis verwitterte Züge, sie nahm das Buch und küßte die Dedikation mit jugendlicher Inbrunst: «Das war also mir bestimmt, ja, ja, das ist recht seine Hand! Er starb eben zwei Tage vor Weihnachten und konnte mir die Freude nicht mehr bereiten. Ach, wenn er länger gelebt hätte, aus ihm wärʼ auch etwas geworden! Der hatte einen Genium! Aber die Unruhe verzehrte ihn, doch auch die Treue bereitete ihm viel Ungemach. Nicht umsonst schrieb er mir an seinem Sterbetage: «Margritli, o Margritli, wenn Du wüßtest, was ich leide! Mein Herz ist wie ein Feuerpfuhl, aber heißer noch ist die Liebe, mit der ich Dich ewig lieben werde.» Sie zog das alte gelbe Brieflein aus einem auf der innern Seite des hintern Deckels der Bibel angebrachten Schubfache und ließ es mich lesen. Die Todesnot des Schreibers sprach aus jedem Zug. Margritli erzählte mir dann lange von ihrem Hans, sie erinnerte sich noch an die kleinsten Einzelheiten seiner Persönlichkeit, besonders auch seiner Gesichtszüge, welche sie in den meinigen aufs täuschendste wiederfand; es schien sie an Seelen­wanderung zu gemahnen. Das bestärkte sie in dem aufrichtigen Glauben, daß meinem «Genium» noch eine bessere Zukunft bevorstehe, und diese Glaubenszuversicht war denn auch von wunderbar beruhigender Nachwirkung auf mich selber. Margritli entließ mich mit einem Segensspruch und bat mich wiederholt, sie doch noch öfter zu besuchen. Ich versprach es, kam aber nicht mehr dazu, da sie bald nachher starb.

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