Читать книгу Das Lachen meines Vaters. Geschichten aus der Kindheit онлайн
9 страница из 21
Wir erfahren nie, woher der Reifen kam. Der Onkel beruhigt sich erst, als er sieht, dass sein Schmuckstück keinen Kratzer abbekommen hat. Beim scharfen Bremsen ist einzig das gelbe Kissen mit der gestickten Autonummer nach vorne geflogen.
Mich beschäftigt der einsame Reifen noch lange. Ich stelle mir vor, er würde nirgends anstossen und immer weiter abwärts rollen, den Rhein entlang, bis zum Meer. Danach würde der Reifen gemütlich über den Ozean schwimmen.
Ich würde das Meer auch gerne sehen.
Ich liege auf dem Rücksitz, als ob ich schlafen würde. Ich tue das oft. Dann reden die Erwachsenen.
Die Strasse führt durch ein Dorf, das für mich lange Zeit ein Ort des Schreckens bleibt.
Ich höre den Onkel von einer Frau erzählen, die ihren Mann mit einem grossen Küchenmesser aufgeschlitzt hat. Die Wohnung sei voller Blut gewesen. Und jetzt büsse sie hier im Gefängnis, inmitten anderer Schlächterfrauen ihre Tat, hoffentlich bis an ihr Lebensende.
Jedes Mal, wenn wir durch diesen Ort fahren, stelle ich mir das Gefängnis vor. Mit lauter Schlächterfrauen, alle haben ihre Männer aufgeschlitzt und Wohnungen voller Blut hinterlassen. Haben die auch Kinder?