Читать книгу Die Bargada / Dorf an der Grenze. Eine Chronik онлайн

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Auch die Mutter zog Orsanna zu Rate, tat oft nach ihrem Willen und überließ ihr zu selbständiger Führung, was sie seinerzeit ihrer Schwägerin zäh abgekämpft hatte. Sie war gleichgültig geworden, denn ihre Gedanken weilten nicht auf der Bargada. Sie folgten dem Sohn. In der ersten Zeit nach seiner Abreise verteidigte sie ihn gegen Vorwürfe, die Tomaso gegen den Ausreißer aufbrachte. Sie fand Entschuldigungen und Erklärungen, den Mann zu besänftigen. Ob er nicht mehr daran denke, wie er selbst als junger Bursch ausgezogen war, das Gipserhandwerk zu erlernen und sich in Genua fast als Schiffsjunge hätte anheuern lassen? Ja, wäre sie nicht gewesen, ihn zurückzuhalten! Auch dem Sohn sei Freiheit zu gönnen. Er werde sie nicht mißbrauchen, er schlage nicht aus der Art, und was dergleichen Betrachtungen mehr waren, des Mannes Verdruß zu beschwichtigen. Als aber Tomaso seine Enttäuschung überwand, sich in die Lage schickte, den Sohn selten nur erwähnte, hielt sie die Trauer um sein Fernsein nicht mehr zurück. Sie klagte. Wo sich Gelegenheit bot, kam sie darauf zu sprechen, Bernardo sei zu erwarten. Es gab feste Redewendungen, die sie nie versäumte anzubringen: «Wartet damit, bis er da ist. Wenn er wieder da ist. Er ist ja bald da!» Orsanna ärgerte sich darüber. Sie gab mit scharfer Zunge zurück, da könne man warten bis zum Jüngsten Tag, er habe Eltern und Heimat längst vergessen, oder ob die paar Grüße, die er an Festtagen schicke – sie wies nach dem Küchenschrank, wo in einer Reihe ein paar bunte Ansichtskarten aus Mailand angeheftet waren – als Gegenbeweis gälten? Bernardo sei nicht dumm, das lustige Leben in der Stadt, das die Mutter ja oft genug beschrieben habe, gefalle ihm zu gut, er bleibe, wo er sei. Und überhaupt: als ob Bernardo nötig wäre auf dem Hof! Sie ersetze ihn schon. So trieb sie es, bis Detta weinte und Tomaso sie zur Ordnung wies. Was sie sich eigentlich einbilde! Und wenn man auch bis zum Jüngsten Tage auf ihn warten müsse, seinen Platz würde sie nie einnehmen, das solle sie sich gesagt sein lassen.

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