Читать книгу Mich hat niemand gefragt. Die Lebensgeschichte der Gertrud Mosimann онлайн

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«Mame, Mame, du musst schnell heraufkommen», rufe ich vom Balkon, «du hast mich ausgeschlossen, und ich habe in die Hosen gemacht.»

«He, ruf doch nicht so laut, es hören dich ja alle Leute.»

Diesmal komme ich ohne Schläge davon.

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Dann ziehen Buchers wieder einmal um, diesmal in ein ehemaliges Bauernhaus mitten im alten Albisrieden. Heute befindet sich die Blindenhörbücherei in dem Haus.

Ein halbrunder Garten vor dem Stubenfenster. Ich bin ganz allein. Die Uhr schwatzt ihr ödes Ticktackticktack. Ich mag das Uhrengeschwätz nicht, es macht die Stube noch leerer. Da, ein Schatten am Fenster. Ich fahre zusammen. Eine schwarzweisse Katze ist es, mit grünschimmernden Augen starrt sie mich an. Von da an beginne ich Katzen zu fürchten.

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Meine Sehbehinderung ist zwar offensichtlich, aber es kümmert sich vorderhand niemand darum. Ich schiele heftig und werde deswegen auch häufig ausgelacht. Manchmal gerate ich in gefährliche Situationen, weil ich so wenig sehe.

Einmal schliesse ich mich einer Gruppe von Gvätterlischülern (Kindergartenkindern) an. Die Lehrerin beachtet mich nicht, wir gehen den Rain hinauf. Ich halte mich nicht ganz in der Reihe, und natürlich sehe ich den Velofahrer nicht, der den Rain herabschiesst. Er wirft mich um und fährt über meinen Rücken und kann erst weiter unten anhalten. Erschrocken kommt er zurück, hebt mich auf und fragt die Lehrerin nach mir, aber die kennt mich nicht, ich sei der Klasse nachgelaufen, sie wisse nicht, wo ich hingehöre. Der Mann setzt mich fürsorglich auf den Gepäckträger, fordert mich auf, ihn am Rücken festzuhalten, und fährt mich nach Hause. Der Bucherin empfiehlt er, mich ein bisschen hinzulegen.

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