Читать книгу Mich hat niemand gefragt. Die Lebensgeschichte der Gertrud Mosimann онлайн

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«Ja, ist es denn schon wieder zu weit gelaufen?» brummelt diese.

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Wenn es geschneit hat, wird der Kirchenrain zur schönsten Schlittelbahn, die man sich denken kann. Ich gehe mit dem Marieli schlitteln, wir haben, wie die meisten Kinder, einen Kesselschlitten. Das sind ganz einfache, etwas umständliche Dinger, die die Väter oder grossen Brüder selbst herstellen. Von einer Kiste wird der Boden entfernt, unten werden zwei flache Kufen und oben ein Sitzbrettchen angebracht. Am vorderen Querbrett ist die Schnur zum Ziehen festgemacht, dazu einige eiserne Ringe, die beim Fahren einen scheppernden Lärm machen, darum der Name.

Ein paarmal fahren wir miteinander hinunter, dann hat Marieli genug, es hat kalte Füsse und will heim.

«Du gehst schon heim? Bleib doch noch, ich kann allein nicht lenken.» Marieli lässt sich nicht erweichen.

«Dann fahre ich halt allein!» rufe ich trotzig und sause los.

Lenken kann ich nicht, dazu fehlt mir die Kraft in den Beinen, und vor allem sehe ich nichts, noch dazu mit dem Fahrtwind in den Augen. Mein Schlitten schiesst die Strasse hinunter. Der Bauer sieht mich kommen und hält im Rank sein Fuhrwerk an. Ich kriege die Kurve nicht, ich sehe sie ja nicht einmal, und sause in voller Fahrt unter den Pferden durch und das Wiesenbord hinunter, wo es mich mehrmals überschlägt. Der Mann schimpft gutmütig vor sich hin – «Hab mir ja gedacht, dass das nicht gut kommt!» – und hilft mir meine Glieder einsammeln und den Schnee abklopfen. Dann lädt er mich samt dem Schlitten auf sein Fuhrwerk. «Hier kann ich nicht wenden», erklärt er, nimmt mich mit und bringt mich später nach Hause. Ist das gut, sich von den schnaubenden, dampfenden Pferden ziehen zu lassen! Aber vom Schlitteln habe ich für lange Zeit genug.

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