Читать книгу Der Stammbaum. Chronik einer Tessiner Familie онлайн
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An einem Sonntag im Juli steige ich mit Lorenzo nach Mondacce hinauf. Man hört das rasche rhythmische Sensendengeln, marlà. Ich frage ihn, was für ein Ton das sei. Er weiss es nicht, vielleicht ist es ein Steinmetz, vielleicht einer, der Nägel einschlägt, wer weiss … Er kennt jenen so typisch sommerlichen Ton nicht mehr. Für uns ist es wie das Zirpen der Zikaden in wärmeren Ländern, dieses nachhaltige Klopfen, leicht und rasch und auf seine Art wohlklingend, eindringlich in dem grossen Licht. Wie rasch das Leben seine Zeichen auslöscht, wie es sich erneuert und die Bedingungen verändert! Aber so wie Lorenzo jenen sommerlichen Klang nicht mehr kennt, so kenne ich mich nicht aus in Dingen, die ihm vertraut sind. Das steigert das Gefühl der Einsamkeit, der Vereinzelung in jedem von uns. Die Alten stehen auf der einen Seite, und die Jungen auf der andern. Wände, Abdichtungen, unübersteigbare, trennen sie.
Deshalb bin ich darauf bedacht, Erinnerungen wieder aufzuspüren, alle möglichen Erinnerungen, selbst kleine, selbst winzige, die mir helfen sollen, rückwärtszugehen (wie eine Spur, wie die weissen Steinchen des Däumlings, die ihn nach Hause zurückführten), um die Wurzeln meiner selbst wiederzufinden, um mich endlich zu erkennen und mich in meinem verwirrten Dasein zu begreifen.