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Teresa erzählte: «Und dann kam der alte Herr zum Sterben. Er war nicht sehr krank, aber ich dachte mir, so habe es mit den anderen auch angefangen und nun sei er an der Reihe zu gehen. Er lag im Zimmer mit den roten Blumen. Allein. Lange hatte ich im Hause gedient und oft hatte mein Herr gesagt, alles werde mir gehören, wenn er einmal sterbe. Alle anderen seien von ihm weggelaufen, sagte mein Herr, nur ich hätte bei ihm ausgehalten. Und eben darum, sagte mein Herr, solle ich alles bekommen. Ich wusste es, er hatte ein Testament gemacht. Alle seine vielen Neffen sollten nichts bekommen, nur ich.

Der eine Neffe war sogleich angereist gekommen, als er von der Krankheit des Onkels hörte. Ich ließ ihn aber nicht ins Haus, ich sagte, der Onkel schlafe, er solle sich gedulden, oder der Onkel wolle jetzt niemanden sehen. Der Neffe wohnte drüben im kleinen Diensthaus, er war aufgeregt und wollte ins große Haus eindringen. Aber je mehr er zwängte, desto weniger ließ ich ihn ein, obschon ich den Herrn Neffen als Kind viel auf den Armen getragen hatte und er mir der Liebste war von all den Jungen. Aber er hatte ja eine reiche Frau geheiratet und wenn es auch hieß, er sei mit ihr unglücklich, was ging mich das an? Und so wehrte ich Tag für Tag ab, doch der Alte ist immer noch nicht so weit. Sciora, das war keine leichte Zeit. Man will doch in einem Moment nicht die ganze Arbeit eines Lebens verlieren? Warum wollte der Herr Neffe denn unbedingt zu seinem Onkel? In all den Jahren hatte er sich nie gezeigt, oder hatte er je geschrieben? Ich weiß von jedem Brief, der ins Haus kam oder aus dem Haus ging. Von dem Herrn Neffen ist nie ein Brief gekommen. Und nun, warum wollte er denn so heftig zum Sterbenden? Doch nur, um ihn wegen des Testamentes noch zu plagen. Aber dafür hatte ich nicht mein Leben lang gearbeitet und geduldet, nicht wahr, Sciora, dass mir ein anderer im letzten Moment einen Streich spielt, das ist doch klar? Ich hatte für meines Herrn Sache gesorgt, ich hatte ihn gepflegt und nun sollte der junge Herr mir alles wegschnappen? Nein und nein, und darum ließ ich ihn nicht herein … Endlich starb auch mein Herr und nun wäre ja alles gut gewesen. Aber … jetzt hören Sie: ich suchte nach dem Testament, denn die Männer kamen, um alles zu versiegeln. Das Testament musste ich vorher finden. Aber ich fand es nicht. Oh Sciora, ich konnte und konnte es nicht finden.»

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