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In diesem Jahre waren die Sciori zu Weihnachten in ihr Landhaus gezogen, um den Festen in der Stadt auszuweichen. Es lag viel Schnee, als sie durch das Tal hinauffuhren, und in jedem Dorf standen viele Männer auf der verschneiten Straße, schauten und plauderten, zeigten sich mit ihren Bräuten oder trugen ihre kleinen Kinder herum. So ist es immer: auf Weihnachten kommen die Männer und Söhne nach Hause, die im Frühjahr in die großen Städte gezogen sind, um dort als Gipser und Maler ihr Geld zu verdienen. Im Tal findet ein Mann kein Auskommen. Das bisschen Heu und die wenigen, kleinen Kartoffeln genügen gerade, um die Ziegen, die Frauen und Kinder durchzubringen. Es sind geschickte Leute unter den Männern, die viel Geld verdienen. Das Geld – und die neueste Herrenmode – bringen sie an Weihnachten ins Tal. Es geht dann hoch her. Jeden Abend wird in den vielen kleinen Wirtschaften des Tales bis spät debattiert, über Politik und über Gemeinde- und Familienangelegenheiten. Oft gibt es gegen Mitternacht Zank und es heißt, wenn die Männer im Tal seien, so weinen die Frauen. Wie dem auch sei, es kommen dann im Herbst immer viele Kinder zur Welt. Manche davon sterben bald wieder. Man sieht in jener Zeit etwa eine einsame Frau mit einem kleinen Paket, das mit einer weißen Gardine verhangen ist, den Weg zur Kirche hinabgehen. Es ist eine Mutter oder Verwandte, die das tote Kind zuerst dem Pfarrer bringt, der in der offenen Kirchentüre wartend steht, unter lautem und be­sonders vergnügtem Geläute der Glocken, denn Gott freut sich über den Tod eines unschuldigen Kindleins, das direkt zu ihm in den Himmel kommt. Dann geleitet sie der Pfarrer auf den Friedhof, wo das kleine Paket von Maurilio, dem Küster, in eine winzige Grube verlocht wird. Nach kurzer Zeit weiß die Mutter nicht mehr genau wo.

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