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Aber nicht alle Kinder kommen im Herbst zur Welt. An einem dieser Weihnachtstage, während die Sciora ihren Kaffee trank, den die Marta nach alter Gewohnheit ihr am Morgen ans Bett brachte, begann diese ohne Umschweife: «Sciora, das Kind der Berta ist heute Nacht geboren worden. Der Doktor war dabei. Es ist ein Junge.»

Die Sciora war sich nicht sogleich im Klaren, wer die Berta sei. «Nun, die Berta vom oberen Haus, diese … nun eben … diese … Sie wissen schon, Sciora, die liederliche, die Berta, die mit den Männern am Abend spricht.»

Die Sciora meinte, die Berta werde wohl nicht nur mit den Männern gesprochen haben, aber sonst fand sie alles in Ordnung. Doch die Marta ließ nicht locker, die Sciora musste verstehen, was das heißt: Ein Mädchen bekommt ein Kind, dazu ein solches Mädchen. Das war durchaus nicht in Ordnung. Das musste jede rechte Frau aufregen. «Und das arme Kind, das keinen Vater hat», fuhr die Marta eifrig und in jammerndem Tone fort, «und die armen Eltern, die solche Schande an ihrer Tochter erfahren müssen!» Sie legte ihr Gesicht in Falten, richtete sich auf und meinte: «Nun, warum haben sie nicht besser auf die Tochter aufgepasst! Der Herr Pfarrer hat erst kürzlich allen zu Herzen geredet, sie sollen doch lieber heiraten, es freue weder Gott noch den Herrn Jesus, noch genau besehen, sonst jemanden, wenn immer wieder so viele uneheliche Kinder zur Welt kämen.» «Wie ist es eigentlich mit der Muttergottes gewesen?», fragte da die Sciora und schaute die Marta lächelnd an. Diese errötete ein wenig, lächelte wieder und sagte, wie sie es gelernt hatte: «Das ist ein Mysterium.» Nun schien es aber mit der liederlichen Berta auch ein Mysteri­um zu werden.

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