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Es ist so still, als ob ein Würger über das Land geschlichen wäre und die Menschen und Tiere erdrosselt hätte. Sein Schatten ist so riesengroß, dass er sogar den obersten, letzten Himmel verdunkelt. Catalina hört seinen leisen Schritt; er tritt ins Haus. Sie schläft; eine Fliege sitzt auf ihrem festen, dunkelbraunen Oberschenkel. Er wird ihr Gesicht rauben und es in die tiefen Träume der Menschen und Tiere tauchen.

Der Brief

Wenn Hans Sauser, Damencoiffeur in einem nüchternen «Salon» mit Neonlicht, das auf seinen schon leicht kahlen Schädel pocht und in die Augäpfel beißt, in seinem Wagen nach Hause fährt, denkt er an den Brief, den er seiner schönen, fernen Braut schreiben wird. Jede Nacht, während der Himmel ein funkelndes Rad schlägt, schreibt er den Brief und zerreißt ihn dann. Heute Abend beschreibt er, wie er langes Frauenhaar wäscht und in einem summenden Ofen bäckt. Die Haut der Frau rötet sich. Sauser erzählt, bedächtig und mit runden Buchstaben, wie die Haut sich unter Einwirkung der Hitze vom Gesicht löst und er sie in Fetzen abzieht; eine nackte Fleischkugel beugt sich nun über die illustrierte Zeitschrift und liest, glücklich lächelnd, über Prinzen, Königinnen und Filmstars. Sauser zerreißt den Brief um Mitternacht und steht vom Tisch auf. Er fühlt sich wie ein undichtes Gefäß, dessen Inhalt langsam und stetig ausläuft. Seine Gedanken treiben nach allen Seiten, so dass er fürchtet, plötzlich – wie ein leeres Paket ohne Adresse und ohne Absender – als Hindernis übrigzubleiben. Er wünscht, seine Verlobte möge ihm ausweichen, ihn überhüpfen oder zur Seite schieben.

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