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Französischstunden

Die Herbstblätter vollführen auf dem Trottoir einen verrückten Reigen der Greise. Andreas weicht ihnen aus und geht weiter die lange Straße entlang, an deren Ende er wohnt. Im Vorgärtchen kleben vergilbte Blätter wie wertlose Briefmarken, ein Zigarettenstummel rollt über die unterste Stufe der Treppe, und ein älteres, angetrunkenes Ehepaar schwankt über den Platz, aus dessen Mitte eine verkümmerte Linde ragt. Das Zifferblatt einer Uhr blickt aus einem geöffneten Fenster und erinnert Andreas an seine Kindheit; er befand sich immer auf der Flucht: auf der Flucht vor dem Stundenruf der Standuhr mit dem pflichtbewussten Gesicht, das dem Gesicht seines Vaters ähnlich war. Im Uhrenbauch sah er eine kreisrunde Scheibe, durch die er jeweils neugierig starrte und wo ein Messingherz hin- und herschwang und an zwei Schnüren andere, abscheuliche Organe hingen.

Andreas’ Herz benimmt sich auf eine peinliche Art und Weise anders, als man es von einem korrekten Herzen erwarten darf; er schämt sich seiner, und wenn er es schont, seinetwegen den Kaffeekonsum einschränkt und sich das Rauchen verbietet, ergreift ihn Unbehagen; er hasst und liebt sein Herz in einem, und sein verschwollenes Gesicht nimmt dabei einen strengen Ausdruck an; im Spiegel sieht er, dass er seinem Vater gleicht, und spürt ein ertrinkendes Untier, das seine Luftröhre umklammert und sich mit heftigen Klimmzügen nach oben arbeiten will; immer schluckt er es hinunter.

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