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«Mir fehlte der Mut, Monsieur l’artiste.»
«Ich höre, dass du so ähnlich sprichst wie ich, mon gars. Du hast einen merkwürdigen Akzent. Du bist nicht von hier.»
«Nein, ich bin nicht von hier. Ich stamme aus einem engen Tal nahe Italien.»
«Aus einem engen Tal? Hundsgemeine Welt, ich komme aus einem abgeschlossenen Tal, das sie in der Vergangenheit mit einem Tor verriegelt hatten, um Pest und Krieg nicht hereinzulassen: ein riesiges Tor, das auf den Abgrund hinausging.»
«Sind Sie früh fortgegangen aus diesem abgeschlossenen Tal, Monsieur?»
«Je me suis sauvé … Hör zu, mon gars, wie heißt du?»
«Ich heiße Giuseppe. Aber meine Mama nennt mich José.»
«José …?»
«Mama ist Lusitanerin.»
«Hör zu, mein kleiner Lusitaner, geh und hol mir ein bisschen starken Rauchtabak und komm dann herein, ein Glas Cidre trinken.»
Geschichte des Figurenmalers
«Mein Tal ist ein Ort, aus dem man besser fortläuft, wenn es einem gelingt, das Tor zu öffnen, ohne in den Abgrund zu fallen. Es bleiben nur die Männer aus den Wäldern. Es bleiben die, die sich an den Schwanz der Ziegen klammern und wie die Schweine leben. Die Dörfler, die am Sonntag nicht feiern wie die Arbeiter und die Fräcke … Es bleiben die Alten, die Schwachsinnigen, die Kinder, die Frauen mit den langen, unter den Achseln festgebundenen Röcken und die Mädchen, die im Wald Heu machen, auf den Felsen Roggen und Rüben pflanzen, im Herbst Körbe voll Esskastanien sammeln. Magst du Mädchen, kleiner Ministrant? Les filles … Wir nennen sie ‹Verrückte› in unserem Dialekt. Ich erinnere mich an Mariangela, die Mitleid hatte und mit den Einsamen in den Heuschober ging. Mariangela würde sofort mit dir gehen, kleiner Ministrant, auf dem Silbertablett würde sie sich dir kredenzen. So ist mein Dorf. Eine Schlangengrube voller Dornen, von außen kommt nie jemand, und man arrangiert sich, so gut es geht, vor Ort, um den Trübsinn zu vertreiben. Die Männer gehen nach Australien auf Goldsuche oder in die Städte in Italien, um den Ruß aus den Kaminen zu kratzen.