Читать книгу Ein Bruder lebenslänglich. Vom Leben mit einem behinderten Geschwister онлайн

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Beim Sprechenlernen machte der Bruder hingegen rasche Fortschritte. Aufgrund seines guten Gedächtnisses nahm er die sprachlichen Anregungen seines Umfeldes schnell auf und sein Wortschatz vergrösserte sich in kurzer Zeit rasant. Mag es sich bei abstrakteren Dingen um reine Worthülsen gehandelt haben, so konnte er sich doch bald adäquat ausdrücken. Sein Mitteilungsbedürfnis war gross. Sein pausenloses Fragen war durch sein Interesse an seiner Umwelt gesteuert. Bis heute dauert seine Fragerei an. Sie scheint auch seine Form zu sein, die Kontrolle über die Welt zu halten; sein Versuch, sich zu vergewissern, ob die eigenen Wahrnehmungen stimmen.

Wir Geschwister hatten grossen Anteil an der Förderung unseres Bruders. Es gab dafür ganz praktische Gründe: Seine neu- oder wiedererworbenen Fertigkeiten erleichterten manches, wenn wir mit ihm unterwegs waren. Deshalb versuchten wir, ihm Alltagsverrichtungen beizubringen: seine Jacke zuzuknöpfen, Hände waschen, Schuhe richtig anziehen. Beim Binden die Schlaufe zu ziehen, war für ihn sehr schwierig. Seine Finger verkrampften sich. Diese grosse manuelle Ungeschicklichkeit ärgerte ihn. Er versuchte vieles, was er bei uns abschaute, selbst zu machen, und wurde wütend, wenn es ihm nicht gelang.

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