Читать книгу Die Schlafwandler онлайн
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Allein, als er in die Friedrichstraße einbog, wußte er, daß er das Lokal doch nicht in Uniform betreten könnte. Er war enttäuscht und ging die Jägerstraße weiter. Was sollte er tun? Er bog um den nächsten Häuserblock, kam zur Jägerstraße zurück, ertappte sich dabei, wie er den vorübergehenden Mädchen unter den Hut schaute, oftmals in der Erwartung, italienische Worte zu hören. Als er aber wieder in die Nähe der Lokale kam, klang es nicht italienisch, sondern hartsingend stakkatiert: »Aber wollen S' mich gar nicht mehr kennen?« Pasenow sagte wider Willen »Ruzena« und dachte gleichzeitig: wie peinlich. Er stand in Uniform auf offener Straße mit so einem Mädchen, er, der sich noch vor wenigen Tagen Bertrands und seines Zivilanzuges auf der Straße fast geschämt hatte, und statt sich zu entfernen, war er, alle Haltung vergessend, geradezu glücklich, war sogar glücklich, daß dieses Mädchen Anstalten machte, weiterzuplaudern: »Wo ist heut' Pappa? Kommt heut' nicht?« An den Vater hätte sie ihn nicht erinnern dürfen: »Nein, heute geht es nicht, kleine Ruzena; auch... «, wie nennt sie ihn doch? -»auch der alte Herr kommt heute nicht ins Lokal... « Ja, und er müsse nun eilen. Ruzena sah ihn fassungslos an: »So lange haben mich warten lassen und jetzt ist nicht... «, aber, und ihr Gesicht hellte sich auf, er müsse sie besuchen. Er blickte in dieses ängstlich fragende Gesicht, als wollte er es endgültig sich einprägen, dennoch suchend, ob nicht das des südländischen Bruders mit dem Spitzbart darin verborgen wäre. Es war irgendeine Ähnlichkeit vorhanden; aber während er darüber nachdachte, ob ein Mädchen, das seinen Bruder im Antlitz trägt, ihm etwas anhaben könnte, fiel ihm sein eigener Bruder ein, der mit seinem kurzen Vollbart blond und männlich war, und das brachte ihn zur Wirklichkeit zurück. Natürlich war es etwas anderes; Helmuth gehörte aufs Land, er war ein Weidmann, hatte mit diesen weichlich südländischen Städtern nichts gemein, und es war trotzdem wie eine Beruhigung. Noch forschte sein Blick, aber seine Abneigung erlosch und er hatte das Bedürfnis, ihr etwas Liebes zu tun, etwas Gutes zu sagen, damit sie eine gute Erinnerung an ihn behalte; er zögerte noch: nein, kleine Ruzena, er werde sie nicht besuchen, aber ... »Aber?« klang es ängstlich und erwartungsvoll... , Joachim wußte erst nicht, was sich an das Aber anschließen sollte, und da wußte er es auch schon: »Wir könnten uns ja draußen treffen, gemeinsam frühstücken.« Ja, ja, ja, ja, sie kenne ein kleines Gasthaus: morgen! Nein, morgen ginge es noch nicht, aber Mittwoch sei er dienstfrei, und sie machten aus, sich Mittwoch zu treffen. Dann stellte sie sich auf die Zehenspitzen und flüsterteihm ins Ohr: »Bist lieb und gut, du«, und lief davon, verschwand in der Türe, über welcher die Gasflammen brannten. Pasenow sah seinen Vater raschen und zielstrebigen Schrittes die Treppe hinaufsteigen und sein Herz zog sich deutlich und sehr schmerzlich zusammen.