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Unvermutet traf die Nachricht vom Tode seines Bruders ein. Er war im Duell mit einem polnischen Gutsbesitzer in Posen gefallen. Wäre es einige Wochen früher geschehen, Joachim wäre vielleicht nicht erschüttert gewesen. In den zwanzig Jahren, die er fern vom Hause verbracht hatte, war ihm die Gestalt des Bruders immer mehr verblaßt und wenn er an ihn dachte, so sah er bloß den blonden Jungen im Knabenanzug vor sich- sie waren stets gleich gekleidet gewesen, bis man ihn in die Anstalt gesteckt hatte-, und auch jetzt mußte er zuerst an einen Kindersarg denken. Doch unvermittelt erhob sich daneben Helmuths Bild, blondbärtig und männlich, das gleiche Bild, wie es ihm an jenem Abend in der Jägerstraße aufgetaucht war, als er fürchtete, das Antlitz eines Mädchens nicht mehr als das, was es ist, zu erkennen: ach, damals retteten die klareren Augen des Weidmanns ihn aus den Hirngespinsten, in die ein anderer ihn hatte ziehen und verstricken wollen, und diese Augen, die er ihm damals geliehen, die hatte Helmuth nun für immer geschlossen, vielleicht um sie ihm für immer zu schenken! Hatte er solches von Helmuth verlangt? Er fühlte sich frei von jeder Schuld und doch war es, als wäre dieser Tod für ihn geschehen, ja als hätte er ihn veranlaßt. Merkwürdig, daß Helmuth den Bart wie Onkel Bernhard getragen hatte, den gleichen kurzen Vollbart, der den Mund freiließ, und nun schien es Joachim, als hätte er stets Helmuthund nicht Onkel Bernhard, der doch der eigentlich Schuldige war, für die Kadettenanstalt und die militärische Karriere verantwQrtlich gemacht. Nun ja, Helmuth hatte zu Hause bleiben dürfen, hatte dazu noch geheuchelt - das mochte vielleicht der Grund sein, aber all dies ging so sonderbar durcheinander, um so sonderbarer, da er längst wußte, daß das Leben des Bruders nicht beneidenswert gewesen war. Er sah wieder den Kindersarg vor sich und Erbitterung gegen den Vater stieg auf. So war es also dem alten Manne gelungen, auch diesen Sohn aus dem Hause zu vertreiben. Es war ein erbittertes Gefühl der Befreiung, daß er den Vater für den Tod verantwortlich machen durfte.

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