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So sehr fürchtete Rodrigo zu Beginn, einen Fehler zu machen oder das Wechseln des Halbstundenglases zu versäumen, dass er in seinem Eifer anfangs regungslos vor der Ampolleta saß, das Rinnen des Sandes verfolgte und sich nicht von der Stelle rührte. Auch beim Umdrehen der Sanduhr gab es den einstudierten Sprechgesang: „Ein Glas ist vorbei, das zweite fließt still, zerrinnen wird noch vielerlei, weil Gott es so will.“ Laut über das Deck geschmettert, schätzten die Matrosen diese Information, denn sie half ihnen abzuschätzen, wann ihre Wache vorüber war.

Rodrigo, obwohl alles andere als gottesfürchtig erzogen, berührten besonders die vielen religiösen Rituale und Zeremonien, welche die Schiffsbesatzung pflegte. Obwohl er Gebete von zu Hause in Palos nicht kannte, hatte er doch dort das Kreuzzeichen, neben der Ohrfeige, als häufigste Handbewegung kennengelernt. Vor dem lieben Gott, den er sich als mächtigen Inquisitor vorstellte, besaß er gewaltigen Respekt. Die religiösen Übungen an Bord der Santa Maria, die fast jeden halben Stundenwechsel begleiteten und welche die jüngsten Burschen auf dem Schiff auszuführen hatten, schüchterten Rodrigo ein. Ein Fehler oder eine Nachlässigkeit, so fürchtete er, und das Schiff wäre wohl dem Groll des Allmächtigen ausgeliefert. So begrüßte Rodrigo ebenso wie auch die Schiffsjungen der anderen Schichten allmorgendlich den Anbruch des Tages: „Gesegnet sei das Tageslicht, das heilige Kreuz im Angesicht, Gottvaters hehre Allwahrheit und heilige Dreifaltigkeit. Gesegnet sei der Seele Grund, bewahrt vom Herrn zu jeder Stund, gesegnet sei der neue Tag und Gott, der dieses Werk vermag.“ Anschließend sagte der Schiffsjunge das Pater Noster und das Ave Maria auf.

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