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Miguel besaß kein Mitspracherecht. Er folgte den Padres, die ihn auf Geheiß des Priors ins Klosterinnere befahlen. Stumm und ohne zu verstehen, was man von ihm wollte, vernahm er die trockene Erklärung Don Burros und die feierliche Ansprache Fray Juan Perez’. Er begriff nur, dass er im Kloster bleiben sollte. Mit dieser Fügung zeigte er sich ganz und gar einverstanden. Don Burro legte ihm die Hand auf die Schulter und verabschiedete sich knapp mit der Ankündigung: „Im Dezember kannst du lesen und schreiben, dann hole ich dich ab!“

Die Padres steckten Miguel sogleich in die braune Kutte der Franziskaner. Sein Exemplar mochte einem erwachsenen Mönch gehört haben, vielleicht einem Kleinwüchsigen, aber es hüllte ihn ein wie ein überdimensionaler Sack. Mit Hilfe des weißen Stricks, den er sich um die dürren Hüften band, zerrte er das Habit so weit zurecht, dass er nicht bei jedem Schritt über den eigenen Saum stolperte.

Der Padre, der sich um ihn kümmerte, hieß Fray Garcia Hernandez, ein kleiner, grauer Kerl mit einer spitzen Nase und einer wichtigtuerisch hohen Stimme, die sich bei jedem zweiten Satz überschlug. Miguel trottete wie benommen hinter ihm her, hörte und verstand nicht einmal den zehnten Teil dessen, was der geschwätzige Fray Hernandez an ihn hin predigte. So taumelte er durch den Rest des Tages und landete schließlich völlig orientierungslos im Abendgottesdienst der Brüder, der Vesper, bei der ihm vor Erschöpfung die Augen zufielen. Der schnarchende Knabe auf der harten Holzbank in der Klosterkirche war zumindest für die Mönche eine Abwechslung während ihres Gottesdienstes. Solange der Prior es nicht bemerkte, grinsten sie sogar wohlwollend. Nur einer rümpfte die Nase. Es war Diego Colón, der 13-jährige Sohn von Admiral Christóbal Colón. Dieser Junge kniete auf seinem ihm zugewiesenen Platz in der Bank neben der Sakristei, und er war gar nicht davon angetan, dass nun ein weiterer Junge neben ihm zur Klostergemeinschaft gehörte.

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