Читать книгу Opa, erzähl mir!. Aus dem Dialog zweier Generationen онлайн

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Die Minuten verstreichen, sowohl Opa als auch ich hängen unseren Gedanken nach, wobei ich mir eher darüber Gedanken mache, was ihn beschäftigen mag. Doch bald danach hat er sich wieder gefasst und das wohlbekannte, leuchtende Lächeln formt sich auf seinem Gesicht.

„Du willst wissen, was sonst noch alles beim Unterkofl passiert ist? Nun denn, so manches, denn ich wusste mir stets zu helfen. Manches Mal plagte mich dort der Hunger, wie so oft in meiner Kindheit, doch mich dem einfach so zu ergeben war nie meine Art. Vom immer gleichen ‚Muas‘ zum Frühstück, den eintönig schmeckenden Knödeln zu Mittag oder der mageren Suppe abends konnte ein junger Bub, wie ich es war, einfach nicht satt werden! Da ließ ich mir schon etwas einfallen: Ein guter Freund von mir wohnte auf einem Hof in der Nähe. Der war oft genauso hungrig wie ich und wollte auch endlich etwas Ordentliches essen! Also sprachen wir uns ab und warteten, bis die Bauern seines Hofes das Haus verlassen hatten. Sogleich stahl ich etwas Rahm von zu Hause, eilte zu ihm hinüber und traf ihn in der Küche. Manchmal trafen wir uns aber auch bei mir, je nachdem, was besser passte. Ich präsentierte ihm stolz den gestohlenen Rahm und er zeigte mir den entwendeten Honig, den er mitgebracht hatte, und dann ging’s so richtig los! Wir mischten die Zutaten, erwärmten sie und ließen sie dann erkalten. Das Ergebnis war eine Speise, so gut, wie ich sie selten gegessen habe. Wir schnitten alles in Scheiben und verzehrten es vor Ort, damit uns niemand erwischen würde. War das eine Freude! Na ja, du musst dir vor Augen führen, wie meine Ernährung sonst ausgesehen hat: Gelegentlich plagte mich der Hunger dermaßen, dass ich in den Schweinestall ging und den Tieren das Futter stahl. Das bestand meist aus Kartoffelschalen sowie zu kleinen, ausgemusterten Kartoffeln, doch mir war das mehr als nur gut genug. Aber satt wurde ich davon auch nicht, weswegen ich jeden Morgen vor der Bäuerin in den Hühnerstall ging, mir ein oder zwei Eier holte und sie noch vor Ort austrank! Oder ich schlich mich zu den Kühen, bevor sie gemolken wurden, und trank die Milch direkt aus dem Euter immer derselben Kuh. Ach, das waren noch Zeiten! Wie gesagt, ich fand stets einen Ausweg. Gut, eine Ausnahme gab es dann doch: Im Laufe der Zeit überführten mich Bäuerin und Bauer, weil die Kuh nie gleich viel Milch gab. Das machte sie misstrauisch, weshalb sie mich beobachteten und erwischten. Als ich auf frischer Tat ertappt wurde, fand ich keine Ausflucht mehr. Der Bauer kam auf mich zu, ohne dass ich es bemerkte, und riss mich an den Ohren weg; das reichte ihm aber nicht, im Anschluss zog er mich an den Ohren im Raum hin und her, bis sie bluteten. Da glaubte ich schon, ich hätte genug gebüßt, aber falsch gedacht! Nach kurzer Verschnaufpause wurden mir noch einige heftige Fußtritte und Watschn zuteil, damit mir nie wieder in den Sinn käme, es nochmals zu versuchen. Aber im Grunde genommen war es mir egal, ich verzagte deshalb nicht. Eine andere Sichtweise hätte mich auch nicht satt gemacht, und so wurde ich das zumindest. Wenn ich bedenke, wie sehr ich diese Taten büßen musste, kann ich getrost sagen: Das zusätzliche Essen habe ich mir verdient!

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