Читать книгу Moderne Philosophiedidaktik. Basistexte онлайн

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Wird dem Philosophieunterricht Handlungs- und Lebensorientierung abverlangt, wird Philosophie in das Gefährt pädagogischer Leitvorstellungen gespannt. Philosophie wird mit allen Fächern, die es sich gefallen lassen, über den Leisten der Handlungsorientierung, Lebensorientierung und Kommunikation geschlagen.

In der gesellschaftlichen Wirklichkeit wünscht man sich gern statt Herrschaft, Zwang und Ungerechtigkeit Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit und Verständigung. Werden diese Zielvorstellungen jedoch unmittelbar auf den Philosophieunterricht übertragen, dann kommt es zu dem Kurzschluss, die Philosophie für den Zustand der Welt verantwortlich zu machen und von ihr nicht Erkenntnis, sondern Verständigung zu erwarten.

Die Forderung nach Handlungsorientierung missachtet, dass auch Erkenntnis eine Form der Praxis ist. Die Praxis des Philosophen ist die Theorie. Sie ist auch da noch Theorie, wo sie über gesellschaftliche Praxis nachdenkt. In der Philosophie geschieht Praxis als Denken, nicht als Handeln. Handlungen außerhalb des Denkens sind keine philosophischen. Ein Blick auf die philosophische Praxis des Diogenes zeigt dies aufs Klarste. Sein Handeln ist theoretisches Handeln und hat mit dem, was man heute unter Praxis versteht, nichts im Sinn. Die Forderung nach Handlungs- und Lebensorientierung setzt einen nicht-philosophischen Handlungsbegriff an, der zweifelsohne seine Berechtigung hat – nur, von der Philosophie kann solches Handeln nicht vorbereitet werden. Die Philosophie ist nicht zuständig, wenn es darum geht, für eine Praxis zu orientieren, die nicht philosophisch ist, wie die Physik nicht zuständig ist, wenn es darum geht, für eine Praxis zu orientieren, die nicht physikalisch ist.

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