Читать книгу Jugend eines Volkes. Ehrenhafter Untergang. Erzählungen онлайн

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Ihre Augen standen offen, aber sie blickte nach innen, der Gekreuzigte tauchte schon auf, sie sah sein Blut von Haupt und Händen rinnen, ihn dürstete, sein göttlicher Leib bewegte sich in Qualen, sein Haupt ward schwer, sein Kinn sank auf die Brust, und da geschah es, der Heiland starb für die Menschen, sein letztes, stilles Wort, das alles Leid der Welt und die ganze Seligkeit der Erlösung einschloß, umklang ihn noch, nicht laut, nicht leise, unfaßbar schwebend zwischen Himmel und Erde: «Es ist vollbracht!»

Ruotpert, der den Atem anhielt, da er sie auf den letzten schmalen Grat des Irdischen hinausgeschleudert sah, hörte dies Wort, denn sie selber hatte es eben jetzt geflüstert, und antwortete: «Gelobt sei Jesus Christus in Ewigkeit. Amen!» Er ließ sie aber nicht, sondern half ihr gespannt und wachsam weiter, während sie schon begnadet mit der Kraft des Himmels den langsam erwachenden Blick wieder gegen das Furchtbare aufschlug.

Der Hunn war, als er den Vorgang erfaßt hatte, mit einem dröhnenden Fluch durch den finstern Haufen gebrochen, zu spät, um das Kind zu retten, aber früh genug, um mit der Faust den Hörigen, dann in steigender Wut auch Rato niederzuschlagen. «Du Satan! Verfluchte Hunde! Seid ihr tollwütig oder … das Kind zu töten … wenn ihr keinen Verstand mehr habt, schlag ich euch allen den Grind ein, ihr …» So tobte der gewaltige Mann, der statt mit dem nüchternen, klaren Verstand, wie er sonst ­gewohnt war, hier mit den Fäusten ein Wahngespinst durchfuhr; mit sprühendem Blick und mahlendem Kinn, die Arme zu Schlag und Stoß gebogen, stand er vor den erschrockenen Leuten.

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